Mercedes Benz /8 W114/115

Strona 079

 

den Ergebnisse, woraufhin man sich entschloß, doch wieder auf die bewährte Duplexkette (Doppelrollenkette) zurückzugreifen. Die von der Rollenkette angetriebenen Nockenwellen drehten sich gegeneinander so, daß in Fließrichtung des Schmieröls die Nocken beider Wellen über die Schwinghebel glitten und sich die Trägheitsmomente beider Wellen aufhoben. Um diesen Effekt zu erreichen, mußte die Kette über ein Umlenkrad so geführt werden, daß sie auf der Unterseite des linken (Einlaßseite) Nok-kenwellenrades griff. Trotz aller Bemühungen um Laufkultur ergab sich ein akustisches Problem. Die formschöne Gestaltung des Zylinderkopfes aus »hellhörigem« Aluminium begünstigte offensichtlich die Schallabstrahlung, so daß l l Oer-Motoren bei geöffneter Motorhaube stets eigenartige Tick- und Klak-ker-Geräusche von sich gaben. Zur beschleunigten Motorerwärmung wurde die Durchflußmenge des Motoröls thermostatisch geregelt, wodurch sich die Kaltlaufphase verkürzte und daraus eine Verschleißminderung resultierte. Das 280/8-Triebwerk war im Zuge der technischen Weiterentwicklung, unter Berücksichtigung einer weiteren Verminderung der Schadstoffe im Abgas, mit dem neuentwickelten Solex-Doppelregistervergaser (wird als der erste europäische 4-fach-Vergaser bezeichnet!) vom Typ 4A1 mit Startautomatik und temperaturabhängiger Kraftstoffvorwärmung ausgerüstet. Die Bezeichnung 4A1 bezog sich dabei auf die Anzahl der Mischkammern (4), der Kennzeichnung des Konstruktionsprinzips (A) und der Kennzeichnung der Ausführung (1). Durch die Anordnung der vier Mischkammern um das zentrale Schwimmersystem ergab sich eine einfache und kompakte Vergaserbauweise. Eine optimale Gemischbildung war durch die kleinen Ansaugquerschnitte der ersten Stufe und der nach dem Prinzip des »konstanten Unterdrucks« arbeitenden zweiten Stufe gewährleistet. Die Zusammenfassung zweier Vergaser zu einem Doppelregistervergaser sowie die gute Zugänglichkeit der wesentlichen Einstellteile unterstrich die Wartungsfreundlichkeit. Auch wenn die heutigen Spezialisten den 4A l-Vergaser als den Werkstattschreck bezeichnen, so verwies man l 972 stolz auf die Verschmelzung zweier Bau-
formen mit dem Erhalt der jeweiligen Vorzüge. Die Stufe l entsprach dem herkömmlichen Festdüsenvergaser. Zudem war ein Vollastanreicherungssy-stem, welches nicht wie bisher kraftstoffseitig, sondern durch Querschnittsveränderung der Luftkorrekturdüsen mittels Nadeln arbeitete, eingegliedert worden. Über einen Unterdruckkolben der in Abhängigkeit zum Saugrohrunterdruck stand, erfolgte die Steuerung der Nadeln zur Querschnittsveränderung. Die Stufe 2 arbeitete nach dem Gleichstromprinzip 6 la Stromberg. Wie schon erwähnt, kam hier das Prinzip des »konstanten Unterdrucks« mittels einer besonders ausgebildeten, exzentrisch gelagerten Luftklappe, die sich dem jeweiligen Luftdurchsatz entsprechend einstellte, zum Einsatz. Die Kraftstoffzuleitung erfolgte über nadelgesteuerte Hauptdüsen, in Abhängigkeit der Luftklappenstellung. Nach Aufhebung einer von der Startautomatik gesteuerten »Sperre«, wurden die Drosselklappen der II. Stufe mechanisch von der I. Stufe aus betätigt.
Das M l l 0-Vergasertriebwerk (Motor-Baumuster l 10.921) gab bei 5500/min l 60 PS ab, was den 280er auf eine Höchstgeschwindigkeit von über 190 km/h trieb. In l 0,5 sec beschleunigte er von 0-100 km/h. Das maximale Drehmoment von 23,0 mkg erreichte er bei 4000/min. Während der Serienfertigung wurden Reklamationen der Kundschaft über den Solex-Vergaser bekannt und auch im Vorstand am 19. November 1973 erörtert. Es galt, starke Streuungen im Verbrauch, sowie Schwierigkeiten mit dem 4A1-Vergaser nach Kaltstarts zu beheben. Bei Motor- und Wassertemperaturen unter 40°C blieb der Motor öfters ganz unmotiviert stehen, sowie beim Gangeinlegen oder einem Halt innerhalb der ersten tausend Meter Fahrstrecke. Ausgelöst wurde dieses Phänomen durch die träge Aufheizung des Saugrohres durch das Kühlwasser im Vergleich zur Aufheizung mittels Auspuff. Die Ingenieure bekamen dieses Problem durch die Einführung des temperaturgesteuerten Nebenschluß (TN)-Starters in den Griff.
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