Mercedes Benz /8 W114/115

Strona 034

 

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Folterstrecke vorrätig. Die Highlights des Geländes waren sicherlich die Steilkurve, die querkraftfreies Fahren der Höchstgeschwindigkeit mit losgelassenem Lenkrad ermöglichte und als krasses Gegenstück die Heidestrecke. Hier waren die schlimmsten Passagen der schlechtesten Straße Deutschlands, die in der Lüneburger Heide gelegen hatte, originalgetreu nachgebildet. Erfahrungsgemäß hielt eine Baureihe, deren Prototypen nur 2.000 Kilometer auf dieser Strecke ohne Beanstandung überstanden, auch alle in Kundenhand denkbaren Belastungen aus. Ein einziger /8 (aus einer späteren Versuchsreihe) mit vollem Heidedauerlauf wurde seinerzeit ausnahmsweise nicht direkt im Werk verschrottet und hielt tapfer weitere 300.000 Straßenkilometer – erst l 994 zeigten sich ernsthafte Probleme, die allerdings mehr auf normalen Rostbefall zurückzuführen waren…
Für die Fahrerprobung der mechanischen Komponenten installierte man hochempfindliche Meß-geräte zumeist im Fondraum, oder, wenn diese zu groß oder zu schwer waren, in einem eigens für solche Zwecke umgebauten 300 d »Adenauer«. Dieser Wagen hatte einen hocheleganten Kombiaufbau mit bis ins Dach gezogenen Panoramascheiben. An einem sich ständig automatisch spannenden Stahlseil zwischen Test- und Meßwagendach verliefen die Meßkabelstränge. Der härteste Test war natürlich die finale Kaltverformung. Seit 1959 wurden systematische Aufprallversuche durchgeführt. Jährlich zerstörten die Mitarbeiter der Chrash-Ab-teilung über 70 Fahrzeuge. Im Rahmen der Entwicklung der neuen Generation wurden 26 größtenteils handgefertigte 114/115 Prototypen der späteren Sicherheit des Kunden geopfert. Der häufigste Chrash verlief mit 48 km/h, den nach den USA-Sicherheitsbestimmungen geforderten 30 mph, gegen eine Betonwand. Kurz vor Serienanlauf wagte man sich schließlich mit einer größeren Zahl nur noch leicht getarnter Fahrzeuge (zum Beispiel mit aufgepappten Heckflossen) vor die Werkstore, um Vergleichsmessungen auf den bekannten Hausstrek-ken durchzuführen. Während die Konstrukteure und Prüfingenieure unermüdlich arbeiteten, oder wie der Schwabe sagt »schafften«, blieb der Vorstand stän-
Die aus fertigungstechnischen Gründen notwendige »Bauchbinde« an
der C-Säule ist hier noch nicht optimal gelöst.
Die neue Idee einer Mittelkonsole wird hier zwar noch etwas grell in Szene gesetzt, aber der Vorteil ist bereits erkennbar. Durch die Verlegung von Radio und Aschenbecher hatte man in der Instrumententafel Platz für eine großzügige Frischluftöffnung.
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